Samstag, 11. April 2009 | Schriftgröße: AAA

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über LEBEN

Etwas unanständiges im Wohnzimmer

Guido Tartarotti Guido Tartarotti DruckenSendenLeserbrief
Ab und zu schaue ich bei Ikea vorbei und erfreue mich am großen Jogginganzug-Kino: Es ist erstaunlich, welche schrecklichen Irrtümer der Textilgeschichte Menschen öffentlich zu tragen bereit sind, wenn sie zum Ikea gehen. Kaufen sie eine Wohnung ein, hauen sie sich in die Einserpanier, kaufen sie die Möbel ein, um die Wohnung anzufüllen, hüllen sie sich in Fetzen, mit denen sie sonst nur noch den Schuh putzen.

Außerdem muss ich mich ab und zu im Ikea eigenen Auges vergewissern, dass es tatsächlich eine Klobürste mit Namen "Viren" gibt. Ich habe das schon zigmal überprüft, bin aber immer wieder aufs Neue verblüfft und begeistert.

Diesmal kaufe ich auch etwas, nämlich ein schmuckes Bücherregal, damit meine Bücher nicht länger weinen müssen, weil sie im Unterschied zu den CDs bei mir in Bananenkisten hausen. Wie immer stelle ich mich an der "Express"-Kasse an und warte dort 20 Minuten, weil dort jeder, aber wirklich jeder Kunde, außer mir, wesentlich mehr als die erlaubten drei Produkte aufs Förderband schaufelt. Es scheint auch niemand etwas dabei zu finden. Es ist jene Mischung aus Dummschlauheit, Rücksichtslosigkeit und mangelnder Kinderstube, die in Österreich als sportlich gilt. (Jeden Tag zu beobachten auf dem Altmannsdorfer Ast der Autobahn in Wien: Typen mit Magengeschwürgesichtern und toten Augen rasen auf der Linksabbiegerspur am Stau vorbei und pressen sich im letzten Moment vor der Ampel über die Sperrline. Lasst sie nicht rein, aus pädagogischen Gründen!)

Während ich im Kassastau hinter einem Magengeschwürgesicht warte, fällt mein Blick auf das Preisschild meines Kartons: Das neue Regal heißt allen Ernstes "Leksvik". Leksvik ist, wie wir alle wissen, ein Dorf in Norwegen. Aber trotzdem habe ich seither das Gefühl, etwas Unanständiges im Wohnzimmer stehen zu haben.

"ÜberLEBEN - Escape from Meerschweinchenkäfig"

Ein Lesekabarett von KURIER-Kolumnist Guido Tartarotti : Kürzestgeschichten, Kolumnen, Glossen, Leserbriefe und andere Texte.

"Jede Zeitung ist am Tag nach ihrem Erscheinen Unterlegpapier für den Meerschweinchenkäfig. Was oft ganz gut, manchmal schade, aber immer ein Quell des Schmerzes für die Journalisten ist. Ich habe beschlossen, einige meiner Texte dem Vergessen und den Klauen der Meerschweine zu entreißen, indem ich sie spiele und auch lese. Und zwar laut, was den Vorteil hat, dass andere dabei zuhören und meinen Spaß daran teilen können."

Teilen Sie den Spaß mit Guido Tartarotti bei folgenden Terminen:


17.04 Stadttheater Walfischgasse
07.05. Spektakel
06.06 Stadttheater Walfischgasse

Artikel vom 03.04.2009 15:53 | KURIER | Guido Tartarotti

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