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Bankmanager oder Politiker: Wer heuchelt mehr?

Deutsche Bank-Chef Ackermann verzichtet auf seinen Millionen-Bonus. Das ist ziemlich heuchlerisch- aber viele, die ihn kritisieren, sind es auch.

"Was ist das Ausrauben einer Bank gegen die Gründung einer Bank?" Bertolt Brecht

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DB-Chef Ackermann hat im Vorjahr >14 Mio € und 2006 >13 Mio € verdient und war damit der bestbezahlte Manager aller Dax- Konzerne. Das ist ungeheuer viel Geld und auch als Entlohnung für exzellente Leistung, wenn sie denn da ist, kaum nachvollziehbar. Auch wenn die anderen deutschen Bankchefs nur ein Viertel und noch deutlich weniger als Ackermann verdienen: Viele Menschen sehen bei auch 3 Millionen € Jahreseinkommen solcher Spitzenmanager ihr Gefühl der "sozialen Gerechtigkeit" verletzt - auch wenn die meisten insgeheim wohl gerne ebenso erfolgreich wären.
Nun also hat Ackermann angekündigt, auf seinen Bonus heuer verzichten zu wollen.
Das klingt gut, ist aber eine ziemlich scheinheilige Aktion. Denn nach allem was man annehmen kann, hätte er heuer ohnehin kaum mehr einen fetten Bonus bekommen. Verzichten kann man nur auf etwas, was einem zusteht. Die größte Weltbankenkrise seit 70 Jahren hat auch die Gewinne der Deutschen Bank abrasiert, abgesehen davon, dass sie in Deutschland zu den Banken gehörte, die das Spielcasino mitbetrieben haben. Auch wenn Ackermann bisher stolz ankündigt, keine Staatshilfe aus dem Rettungspaket zu benötigen - man bleibt misstrauisch, er hat schon zwei mal das "beginnende Ende der Krise" verkündet. Sie wurde aber nur schlimmer.
Und man muss auch (mit der FAZ u.a.) fragen, ob Ackermann damit nicht nur sein Institut stärken will und sowieso, wieder einmal (siehe meine früheren blog-Eontragungen) nur einen billigen PR-Erfolg einfahren wollte. Wenn ja, ist ihm das schon wieder gründlich misslungen. Hätte er diese gute Tat in den Vorjahren gemacht, sie wäre effizienter und glaubwürdiger gewesen.
Faktum ist, dass nicht nur Ackermann, der aber besonders als die Galionsfigur der deutschen Bankbranche, hohe Risken für seine Kunden, sein Haus und das Land eingegangen ist. Auch wenn es offenbar gerade noch mal gut gegangen ist. Und da wäre stille Bescheidenheit wohl angebrachter, als diese Ankündigung in "Bild".

Die Bezahlung, insbesonders das Bonus-System für Spitzen- Banker, muss jetzt rasch anders werden: Viel langfristiger und nachhaltiger (durch Boni erst nach jahrelang anhaltendem Erfolg) und ohne zweistellige Millionensummen im Jahr, jedenfalls in Europa. Der Unmut über Ackermann, seine Ankündigung ist also über weite Strecken berechtigt.

Doch auch die Hüter der "sozialen Gerechtigkeit" übertreiben nun schon wieder in ihrer Abscheu und dem Pranger, an den sie nun die Banker stellen.
„Schauveranstaltung“ nannte SPD-Fraktionschef Struck diesen Schritt Ackermanns, seine grüne Kollegin Künast verhöhnte Ackermanns Ankündigung als „ungeheure Chuzpe“.
Deshalb hier ein paar Bemerkungen, die Bankmanager zwar nicht in Schutz nehmen, aber die Verantwortungslast für das Schlamassel gerecht verteilen- auch auf die jetzt oft so laut schreienden Politiker.

Den Politikern steht ihre Empörung schlecht

1) Ackermann hat in der Vergangenheit auch viel geleistet: Die Deutsche Bank ist die größte des Landes und galt vor seinem Amtsantritt als schwer Übernahme- gefährdet: Ihr drohte konkret jenes Schicksal, das der SPÖ-Manager Gerhard Randa und seine politischen Beschützer der BA-CA bescherten, der größten österreichischen Bank und dem einstigen Finanz-Kronjuwel Österreichs: Der Ausverkauf ins Ausland (der BA-CA-Gewinn und ihr Knowhow gehen heute nach Italien an die Unicredito, deren zweitgrößter Anteilseigner ab sofort Libyens Diktator Gaddhafi ist).
Ackermann hat bei aller extrem linkischen Öffentlichkeitsarbeit hingegen die Deutsche Bank gegen große Widerstände mühsam saniert und mit dem dadurch gesteigerten Marktwert ihr die Selbständigkeit bewahrt. Und er hat, soweit derzeit abschätzbar, sie auch gut durch diese größte Finanzkrise gebracht. Das sind beachtliche Leistungen, auch wenn er sie natürlich nicht alleine vollbracht hat - und noch immer der Vorbehalt bleibt, dass sich das rasch ändern kann. Die DB wird laut seinen Aussage bis heute KEINE Staatshilfe, also Steuergeld, in Anspruch nehmen.

2) Bis jetzt, bis zu diesem Wochenende, müssen das in Deutschland mit einer Ausnahme hingegen nur jene Banken, in denen POLITIKER überwiegend das Sagen haben: Mindestens fünf Landesbanken und vor allem die KfW (= Kreditanstalt für Wiederaufbau, vom Finanzministerium direkt abhängig).
Die gravierende Ausnahme ist (bisher) die "Hypo Real Estate" in München, deren nach Irland wegen Steuerersparnis ausgelagerte Tochter Depfa sich in der Vertrauens-Krise unter den Banken nach dem Zusammenbruch von Lehmann Brothers nicht mehr kurzfristig für ihre langfristige Ausleihungen refinanzieren konnte.
Diese allerdings sind zu einem entscheidenden Teil (laut Prof.Sinn vom Münchner Ifo-Institut u.a.) ebenfalls eine Erblast deutscher Politik: Die über mehrere Bank-Ausgründungen hinweggeschleppten, riesigen faulen Kredite, die die extrem steuerbegünstigten Immobilieninvestitionen nach der Wende hinterlassen hatten. Mit denen hatte die Regierung Kohl nach der Wende gehofft, das total kaputte Erbe der DDR rascher sanieren zu können - was sich angesichts dessen katastrophal unterschätzten Ausmasses und fehlender Kapazität der Ostdeutschen zur Selbsthilfe als gigantische staatliche und private Fehlspekulation herausstellte. Diesen Rucksack hatte in letzter Folge die HRE übernommen und nun wieder an den Staat (über dessen Feuerwehr-Hilfe) zurückgegeben.
Die öffentlichen Banken haben ca. 30-40 Milliarden € verloren, aber nicht in Ostdeutschland sondern fast nur in USA (Näheres in meinem vorigen blog-Eintrag). Die WestLB, die in 38 Jahren ununterbrochener SPD-Herrschaft bereits zweimal mit Steuergeld rekapitalisierte Landesbank von Nordrhein-Westfalen, wird es deshalb "am Ende des Jahres nicht mehr geben" (ein Insider).
Allein die KfW hat durch katastrophales Missmanagement ihrer wichtigsten Beteiligungs-Bank IKB mit dzt. fast wertlosen US-Hypotheken 12 Mrd € verbrannt.
KfW-Chefin war in den letzten 4 Jahren die vorherige "Finanzsprecherin" der SPD. Obwohl die Wahnsinns-Verluste der KfW seit einem halben Jahr bekannt waren, schickte erst vor 2 Monaten (SPD-) Finanzminister Steinbrück die Genossin in die vorgezogene, ungekürzte Millionen-Pension. Und nur acht Tage später überwies die von ihr verschlampte Bank noch über 300 Millionen Steuergeld an die schon in Konkurs gegangene US-Bank Lehman Brothers – weil am Wochenende kein Vorstand auf Nachrichten reagierte.

3) Steinbrück hat danach öffentlich zugegeben, dass er keinen erfahrenen Banker findet, der um „wenig Geld“ die KfW aus dem Total-Schlamassel führen kann. Er „musste“ einen anstellen, dem er bzw. die Staatsbank KfW (vor 3 Monaten noch!) 850.000 €/Jahr Grundgehalt zusicherte. Trotzdem hat Steinbrück, der die Finanzkrise zusammen mit Kanzlerin Merkel ziemlich brilliant gemanagt hat, auf "n-tv" öffentlich verlangt, dass Bank-Chefs, die die von ihnen aufgestellte Staatshilfe in Anspruch nehmen wollen, nicht mehr als 500.000 € verdienen dürften. Der Kollege von n-tv, der erfahrene Heiner Bremer, hat den eklatanten Widerspruch Steinbrücks nicht nachgefragt. Er gilt als Freund der Sozialdemokraten.

4) Dass Ackermann und als Folge seines Beispiels auch seine Vorstands- und Aufsichtsratskollegen nun auf ihre Boni verzichten, könnte man, zumindest kurzfristig, sogar als SCHLECHTE Nachricht für (uns) deutsche Steuerzahler werten: Ihr Einkommenssteuersatz liegt bei 48 Prozent. Bliebe das Geld in der Firma, erhöhte sich deren Reingewinn, und der wird nur zwischen 10 und 19 Prozent versteuert, je nach Verwendung. Ob das durch die Ankündigung, die Boni auf niedrigere DB-Chargen mit nun ebenfalls sinkender Gewinnbeteiligung abzugeben, hinfällig wird, bleibt momentan unklar. Kurzfristig könnte jedenfalls weniger Geld für die staatliche Umverteilung zur Verfügung stehen.

Kein Mitleid mit den Bankern, aber Ehrlichkeit auch der Politik

Womit wir endgültig beim politischen Teil wären:
Natürlich sind Gehälter wie diese in den Augen fast aller Bürger obszön hoch (nicht zu reden von den Wallstreet-Bankern, die keine Erfolgshaftung hatten außer ihren Jobs vielleicht, deren Entlohnung aber bis zum Lebensende unvorstellbar üppig ist und die sie - noch schlimmer- erst zu den Exzessen antrieb).
Und es braucht auch hier absolut kein Mitleid mit den Bankern. Bei allem nachvollziehbaren Unverständnis für die exorbitanten Summen bleibt aber auch daran zu erinnern, dass ihre Bezahlung

5) Knappheitspreise am Markt sind (waren), zumindest in der Privatwirtschaft. Wie für andere Spezialisten. Kaum einer regt sich über Millionengagen von Spitzenfußballern, Formel-1-Fahrern, Filmschauspielern usw. auf, oder gar über deren übliche Flucht in Steuerparadiese. Die meisten Banker haben zumindest ihre Steuern gezahlt (die 13 Bestverdiener der weltweiten DB sitzen allerdings in London mit ganz niedrigen Steuersätzen, dann erst kommt Ackermann in D).

Wenig Knappheits- bzw. Marktpreise für Banker gibt es bei den politisch beeinflussten Banken, die jetzt die verbliebenen deutschen Problemfälle sind: Da haben als Vorstände zumindest bisher kaum Spitzenleute gewerkt. Deren Etagen waren Endlagerstätten für abgewählte Politiker oder Partei-Günstlinge. Die sind, wie sich zeigt, wirklich um ein Vielfaches überbezahlt- verzichten aber auf keinen € bisher. Außerdem sind

6) in der Privatwirtschaft die Millionen-Gehälter (noch) eine Sache der Aktionäre, DIE verzichten auf Dividenden-Gewinne oder Kurssteigerungen, wenn sie zu hohe Boni vereinbaren. Der Steuerzahler zahlt hier NICHT mit (er verdient nur mit, s.o.) -es sei denn nun bei der Rettungsaktion - aber da gibt es, zumindest bisher, eben noch keine Privatbank nach der HRE.
Auch muss

7) nochmals auf die eingängige Argumentation nicht nur der "Linken" eingegangen werden, dass mit dem Hilfspaket die Verluste sozialisiert werden, die Gewinne aber privatisiert wurden und werden. Das stimmt - teilweise - für die USA und andere Länder (aber selbst dort profitierten vom politisch gesteuerten Bonitätsverzicht für Hypothekenschuldner und den extrem niedrigen Zinsen, dem Auslöser der Finanzkrise, 15 Millionen arme Familien – siehe mein blog-Eintrag vorher). In Deutschland tut es das nicht, zumindest solange die Privat- bzw. Aktienbanken nicht vom Hilfspaket direkt zehren - abgesehen davon, dass sie ohnehin jahrzehntelang Steuern gezahlt haben.
Dass sich die deutsche Regierung nicht an der HRE beteiligt hat (deren Chef übrigens viel rascher zurücktrat als die Chefin der KfW), wie die britische Regierung mit der Teilverstaatlichung britischer Banken, war übrigens ein schwerer Fehler: Mit ihren inwischen wieder rasch steigenden Aktienkursen nach der Rettung hätte der Staat sich einiges vom Rettungspaket zurückgeholt, so tun es nur HRE-Aktionäre.
Weiters ist

8) die Größenordnung des deutschen Hilfspakets zu relativieren: Laut Steinbrück soll der echte Verlust an Steuergeld am Ende höchstens 20 Milliarden € betragen, wenn überhaupt - alles andere sind (dzt.) Bürgschaften, die dem Wiederaufbau des Vertrauens im Bankensektor dienen. Solche Bürgschaften hat Deutschland
a) bisher schon immer mit etwa 450 Mrd € für Export, Banken, usw. gegeben. Nun sind es 500 Mrd mehr, also etwa doppelt so viel als bisher - eine neue historische Dimension ist das nicht.
B) Sind die 20 möglicherweise aber nicht sicher verlorenen Steuer-Milliarden (die noch dazu, wie oben gesagt, bisher jedenfalls nur in öffentliche Banken fließen), gerade EIN FÜNFTEL von dem, was Westdeutschland seit 1990 jedes (!) Jahr nach Ostdeutschland pumpt. Immer noch weitgehend erfolglos übrigens, wie man anhand der Wirtschaftszahlen dort feststellen muss: Es ist also ein Bruchteil dessen, was der „Raubtier-Kapitalismus“ an Transfers für jene generierte, die jetzt noch mehr aufheulen als sonst wo in Deutschland (die Linke, Nachfolgepartei der DDR-Staatspartei SED, nimmt aktuell um 3 Prozent auf 33 Prozent zu). Die ostdeutschen Besserwisser lebten besser von ihm als alle anderen Menschen im früheren „sozialistischen Lager“.

Fazit: Schwere Fehler machten alle, schrille Töne helfen aber auch nicht

Diese dramatische Finanzkrise hat viele Aspekte, einer davon ist nun die Korrektur der maßlosen Übertreibungen bei den Managergehältern. Man kann sie durchaus mit Genugtuung aufnehmen. Zu groß aber sollte die nicht sein, denn sie hat auch andere, die hier und sonst selten aufgezeigten Seiten.
Die populistische Linke hingegen ignoriert diese vorsätzlich - und triumphal. Deshalb muss man sie daran erinnern, dass noch kein Politiker je für sein Versagen im Staats-, Länder- oder Kommunalhaushalt finanziell herangezogen wurde. Und dass kein einziger von ihnen auf einen Euro seiner Gage verzichtet hat - schon gar nicht der äusserst bequem und abgesichert lebende "Linke"-Chef Oskar Lafontaine, obwohl auch er völlig ahnungs-und wirkungsloser Aufsichtsrat der KfW war und noch ist.
Dass Lafontaines Zähl- Kandidat für die nächstjährige Bundespräsidentenwahl, der ostdeutsche TV-Kommissar-Mime Peter Sodann "Ackermann verhaften würde, wenn ich könnte", zeigt, wie tief hier das Niveau der Diskussion ist.

Nochmals: Mitleid mit Ackermann und seinen Kollegen muss niemand haben und es war höchste Zeit dass sich was ändert. Das sollte aber cool diskutiert werden und nicht mit Parolen aus dem primitivsten Klassenkampf. Auch wenn die Zeiten dafür besser scheinen als seit langem.


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Artikel vom 18.10.2008, 10:51 | KURIER | Reinhard Frauscher

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Foto vom Autor Reinhard Frauscher Reinhard Frauscher betrachtet das politische Treiben in der deutschen Hauptstadt - und er beobachtet Österreich aus dem Blickwinkel der Nachbarn.



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