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"Ist Österreich erledigt?"

Pröll: Staatspleite "absurdes Szenario" Zum Hauptartikel

Der ÖVP-Finanzminister und die Sozialpartner verweisen einen drohenden Bankrott Österreichs ins Reich der Märchen.

Finanzminister Josef Pröll Josef Pröll bezeichnet Paul Krugmans Aussagen als "unqualifiziert". DruckenSendenLeserbrief
In ungewöhnlich scharfer Form hat Vizekanzler und Finanzminister Josef Pröll die Aussagen von US-Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman als "unqualifiziert" und potenziell standortschädigend zurückgewiesen.

Krugman hatte in New York vor einem Schicksal wie Island oder Irland gewarnt, wonach auch Österreich wegen des Ost-Engagements seiner Banken von einem Staatsbankrott bedroht sei. Also der völligen Zahlungsunfähigkeit des Landes.

Pröll: "Das Krugman-Szenario ist absolut absurd. Diese Aussagen entbehren jeglicher Fakten-Grundlage."

Die heimischen Banken hätten ohne Bank Austria (gehört zur italienischen UniCredit) und Hypo Alpe-Adria (gehört zur bayerischen Landesbank) Kredite in Höhe von rund 200 Milliarden Euro in Osteuropa vergeben. Demgegenüber gebe es aber 85 Prozent dieser Summe an Spareinlagen.

Österreichs Banken machten in Osteuropa also ein ganz normales Geschäft und kein hochriskantes Investmentbanking. Geschätzt werde derzeit, dass vielleicht zehn Prozent des gesamten Kreditvolumens ausfallen könnte. Das könnte aber wohl keine Staatspleite Österreichs nach sich ziehen, noch dazu, wo alle Banken zusammen nur rund 5,5 Prozent der heimischen Wirtschaftsleistung erbringen, argumentiert Pröll.

Unbegründete Ängste

Laut Pröll sollte man sich viel mehr Sorgen machen um Länder wie Großbritannien, Frankreich oder Deutschland und ihrem Engagement am US-Markt.

Dass Krugman mit seiner Aussage nicht die aktuellen Ängste der Investoren widerspiegelt, zeigt auch die Reaktion der Anleihemärkte.

Österreichische Staatsanleihen, die wegen der Sorgen über das Risiko heimischer Banken in Osteuropa, am 18. Februar 2009 auf ein Rekordtief gefallen sind, haben sich seither deutlich erholt und ließen sich von Krugman am Mittwoch auch nicht stören. Der Risikoaufschlag zehnjähriger Staatspapiere gegenüber deutschen Bundesanleihen liegt nun bei 0,9 Prozentpunkten. Mitte Februar betrug er 1,36 Prozentpunkte.


Offensiver auftreten

Ein "großes Informationsdefizit" über die wirtschaftliche Situation Österreichs ortet Veit Sorger, Präsident der Industriellenvereinigung. Erschreckend sei, wie wenig die wirklich harten Fakten über Österreichs Wirtschaft im Ausland bekannt seien. "Wir müssen da alle viel offensiver auftreten und Behauptungen oder Vermutungen mit Fakten widerlegen", fordert Sorger eine Informations-Offensive im Ausland.

Für "sehr gefährlich für die Bonität Österreichs" hält ÖGB-Präsident Erich Foglar die Aussagen Krugmans. "Der Herr sollte bei seinen Analysen etwas sorgfältiger sein", so Foglar.

Als "falsch und fahrlässig" bezeichnete Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl Krugmans Äußerungen. Leitl: "Ich lade Paul Krugman gerne nach Österreich ein, damit er sich vor Ort von der Qualität und Solidität unseres Landes überzeugen kann."

Bernhard Felderer, Vorsitzender des Staatsschuldenausschusses, bezeichnete die Gefahr eines Staatsbankrotts in der Zib2 als "nahezu null". Krugman selbst habe gesagt, die Zahlen für Österreich nicht durchgerechnet zu haben.

"Dramatischer Einbruch"

Trotz der "glatt falschen" Analyse Krugmans stimmt Finanzminister Pröll die Österreicher auf harte Monate ein. Der Minister rechnet mit einem EU-Defizitverfahren, weil sich die Neuverschuldung des Landes massiv erhöht und die im Euroraum erlaubte Drei-Prozent-Grenze überschritten wird. Pröll schloss auch ein Defizit von vier Prozent nicht aus. Details will er aber erst am Dienstag bei der Budgetrede verraten.

Hintergrund dieser Budget-Entwicklung sind die absehbarerweise in einigen Monaten "dramatisch" wegbrechenden Steuereinnahmen - insbesondere auf Seiten der Unternehmen, nicht so sehr im Konsumbereich.

Trotz der Rezession in Österreich - mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung von rund 2,5 Prozent - erwartet Pröll eine leichte Erholung der Konjunktur bereits ab Mitte 2010. Dann müsste relativ rasch mit der Budgetkonsolidierung begonnen werden - aber ausgabenseitig, nicht durch neue, oder höhere Steuern.

Darunter versteht Pröll Sparmaßnahmen etwa im Zuge einer durch den jetzigen "Leidensdruck" möglichen Staats- und Verwaltungsreform und keinesfalls eine Steuer auf Vermögenszuwächse, wie sie Teile der SPÖ will. Das würde nur den Mittelstand bestrafen und den nächsten Aufschwung völlig konterkarieren, so der Chef der Volkspartei.

Bewahrt müsste vor allem eine gewisse "Zweitschlagsfähigkeit", sagte Pröll. Denn niemand wisse, ob die Steuerreform und die zwei Konjunkturpakete schon ausreichend seien, um die Wirtschaftskrise zu bewältigen. Daher sei auch das Budget "so restriktiv wie selten zuvor" verhandelt worden.

Artikel vom 15.04.2009 22:29 | KURIER | Michael Bachner und Anita Staudacher

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