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Das Kind in meinem Bett

Die Befürchtung, die Kleinen nicht mehr aus dem Bett zu bekommen, ist oft groß. Wie es funktioniert und alle gut schlafen.

Ein schreiendes Baby in den Armen seiner Mama. In den ersten Lebenswochen werden Einsamkeitsgefühle meist mit Schreien kundgetan. DruckenSendenLeserbrief
Darf das Kind im Elternbett schlafen? Diese Frage wird fast immer strikt beantwortet: Mit einem "Ja, sicher" oder mit einem "Nein, ausgeschlossen". Es gibt kaum ein Thema, das unter Eltern heftiger diskutiert wird und zwischen ihnen tiefere Gräben zieht.

Manche schwören darauf, dem Baby auch im Schlaf ganz nahe zu sein – und andere meinen, das Kind müsse von Geburt an lernen, selbstständig zu sein. Wissenschaftliche Richtlinien dafür gibt es nicht. Aber große Bedenken der Eltern, das Kind nicht mehr aus dem gemeinsamen Bett zu bekommen oder etwas falsch zu machen.

Die positive Seite

"Von der Entwicklungsbiologie her ist die Frage, ob Babys bei den Eltern schlafen dürfen, mit Ja zu beantworten", sagt KURIER-Family-Coach Martina Leibovici-Mühlberger. "Vor allem, wenn das Kind gestillt wird, ist es die einfachste Form, ihm größtmögliche Nähe und ständige Verfügbarkeit der Mutter zu bieten." In den ersten Lebenswochen könne es nach Trennungen zu Einsamkeitsgefühlen kommen, die meist mit Schreien kundgetan werden. Die Nähe am Anfang bewirke, dass man sich gut aufeinander einstellen könne.

"Und man hat gemeinsam auch mehr Ruhe, weil man nicht ständig aufspringen muss und viele Sequenzen, in denen das Kind irritiert oder ängstlich reagieren könnte, gar nicht auftreten", so der Family-Coach. "Psychologisch ist es sicher positiv für das Kind."

Das Kinderzimmer als solches gibt es erst seit dem 19. Jahrhundert. Bis dahin war es nur in Adelshäusern üblich, die Kinder von den Eltern zu trennen. Mit dem Hintergrund, dass die Frauen möglichst rasch wieder schwanger werden können. Heute ist es üblich, Kinder in ein eigenes Bett zu legen. Bei Naturvölkern hingegen ist es normal, dass Kinder bei der Mutter schlafen.


Der richtige Zeitpunkt

Wenn es abgestillt wird – zwischen sechs und acht Monaten – ist ein guter Zeitpunkt gekommen, das Kleinkind an ein eigenes Bett zu gewöhnen. "In diesem Stadium funktioniert das am besten", sagt die Psychotherapeutin. "Geht man über diese Zeit hinweg, kommt man in eine andere Stufe, mit anderen Konsequenzen. Da muss oft gewartet werden, bis das Kind in seiner Entwicklung und Persönlichkeit so weit ist, ein eigenes Bett haben zu wollen. Das kann auch bis zum vierten Lebensjahr dauern." Es könne äußerst schwierig und mit viel Aufwand verbunden sein, das Kind zu entwöhnen, wenn es selbst noch nicht so weit ist.

Dennoch: Die oft geäußerte Angst, das Kind werde nie das Elternbett verlassen, ist unbegründet. "Es gibt kaum ein Kind, das sich jenseits der Pubertät zu den Eltern schlafen legt", so Leibovici-Mühlberger. Auch Schulkinder tun das in der Regel nicht. Ausgenommen, es treten psychologische Themen auf – bei Beziehungsproblemen der Eltern oder nach Trennungen. "Dabei sollten Erwachsene sehr genau unterscheiden, ob sie das Kind ins Bett nehmen, weil es sich gerade fürchtet und einsam fühlt, oder ob sie das Kind zu sich nehmen, weil sie den großen leeren Platz, den sie selber durch den Verlust des Partners erleben, gefüllt haben möchten."

Die magische Phase Zwischen viertem und sechstem Lebensjahr träumen Kinder besonders intensiv. Es ist das Ende der magischen Zeit. Das ist eine überaus aktive Phase, in der sie entwicklungsbedingte Ängste haben und nachts zu Mutter oder Vater ins Bett kommen. "Dabei ist es wesentlich, sich an der Angst und den Gefühlen des Kindes zu orientieren. Finden die nächtlichen Besuche nur sporadisch statt, kann man das Kind zu sich ins Bett nehmen", meint der Family-Coach. "Werden sie zur Gewohnheit, oder macht das Kind einen Rückschritt, ist es ratsam, mit ihm das Schlafen im eigenen Bett wieder zu üben." Das Kind aber nicht wegschicken, sondern zu seinem Bett begleiten und unter Umständen bei ihm schlafen.

Der eigene Platz

Konfliktsituationen wie Trennung, Scheidung, Krankheit oder Tod eines Angehörigen sind eine große Belastung für Kinder. Sie können vorübergehend zur Regression führen – zu einem erhöhten Bedürfnis, wieder klein und besonders anschmiegsam zu sein. Leibovici-Mühlberger: "Dabei ist es wichtig, das Kind nicht zu frustrieren und ihm einerseits Nähe zu geben, aber in seinem Bett, andererseits aber sollte es milde dazu geführt werden, wieder seine altersadäquate Position beim Schlafen einzunehmen."



Artikel vom 22.02.2009 12:44 | KURIER | Ingrid Edelbacher

Freizeit & Gesundheit

Thema: Family-Coach





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