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Raketen für Sparer

Wie soll man 30.000 Euro langfristig anlegen? Wie viel Risiko muten Banken ihren Kunden zu? Anlageberater im anonymen Test.

Geldanlage So manche Anlageberater versprechen raketenhafte Gewinne. DruckenSendenLeserbrief
Ich bin ahnungslos, ich kenne mich mit dem Thema Geldanlage nicht aus. Weiß nicht wohin mit 30.000 Euro. Ich will sie für die Pension anlegen. Deshalb besuche ich einige Filialen großer Banken. Dass ich gar keine Ahnung habe ist allerdings ebenso unwahr wie die Tatsache, dass ich 30.000 Euro lockermachen könnte. Wie wird derzeit beraten? Und wie reagieren Anlageberater auf einen ahnungslosen Kunden, der 30.000 Euro auf 20 Jahre anlegen will?

Frau D. bittet mich in ihr Büro. Die Filiale der Volksbank ist nicht gerade überlaufen. Im Foyer bedienen zwei Kunden gelangweilt Kontoauszugsdrucker. "Schauen sie, ich hab' da was für sie", sagt sie und zeigt Tabellen. Linke Spalte: eingezahlter Betrag. Rechte Spalte: Auszahlung nach zehn Jahren. "Und dann schauen wir weiter".

Aus 30.000 Euro werden innerhalb von zehn Jahren 44.056 Euro, frei von Kapitalertragssteuer (KeSt) und garantiert. Dabei handelt es sich um eine indexgebundene Lebensversicherung, "Rocket-Plus II" heißt das Produkt. "Eine Rakete für mein Geld, nicht schlecht" denke ich mir, wenigstens kann nichts verloren gehen.

Enttäuschung

Zweiter Vorschlag: Rentenversicherung gegen Einmalprämie. Die Enttäuschung folgt allerdings beim Vergleich der Zahlen: Nach 20 Jahren wächst mein Kapital garantiert auf 43.561 Euro an, was im Vergleich zur Rakete ein Witz ist. Im günstigsten Fall bekomme ich 50.475 Euro raus, diese Gewinnbeteiligung ist aber nicht garantiert.

Ein ähnliches Bild bei Bawag und BA-CA. Vorsicht scheint derzeit die Mutter der Porzellankiste zu sein. Die Bawag empfiehlt eine Erlebens- Ablebensversicherung oder eine Wohnbauanleihe mit 3,895% Rendite. Laufzeit: bis 2021. "Sicher ist sicher". Die BA-CA ebenfalls, "Active Capital Garantie" heißt das Produkt und macht aus meinem Kapital bis 2019 in Summe 42.450 Euro. "Und dann schauen wir weiter".


Durchleuchtung

Ich schaue auch weiter, nämlich zum AWD. Die Mitarbeiter des Finanzdienstleisters besuchen ihre Kunden gerne daheim. Die Beratung ist gewöhnungsbedürftig. Der nette Herr vom AWD will alle meine Verträge und Polizzen durchleuchten - was bei mir für Unbehagen sorgt. "Da holen wir sicher was raus für sie", sagt er nickend. Wie ich mein Geld anlegen soll, sagt er mir aber nicht. "Das muss ich mir sehr gut überlegen, ich schicke ihnen was." Fazit des 30-minütigen Gesprächs: Eine Analyse. Ich bin ein ausgewogener Anleger. "Aha", denke ich mir.

Per Mail kommt nach zwei Tagen das Angebot: Er rät mir, 10.000 Euro in fünf verschiedene Fonds zu investieren. Historische Rendite p.a. laut Angebot: minus 9,26%, die Finanzkrise lässt grüßen. "Aber es geht ja eh wieder aufwärts". Tja, nur wann? Den Rest soll ich in eine Lebensversicherung stecken.

Einen Rat hat er noch: "Zeigen sie mir alle Angebote, die sie von den Banken erhalten. Zeigen sie aber mein Angebot niemandem". Keine Angst: Das mache ich sicher nicht.

Artikel vom 15.04.2009 15:19 | Kurier | Alexander Grübling

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