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Interview von Elisabeth Dostert

Insolvenzverwalter Siegfried Beck über die Folgen der Finanzkrise, die Fehler vieler kleiner Unternehmen und die Rolle der Banken.

Pleitewelle in Deutschland

"Viele Firmen wären zu retten, wenn die Sanierung früher erfolgen würde", sagt Insolvenzverwalter Siegfried Beck. (Foto: oh)

Noch gibt es keine Pleitewelle. "Aber die Zahl der Insolvenzen wird in den nächsten Monaten vermutlich deutlich steigen", erwartet Siegfried Beck. Der 62-Jährige ist Vorsitzender des Verbandes der Insolvenzverwalter mit 420 Mitgliedern, darunter die renommiertesten Adressen in Deutschland. Becks eigene Kanzlei mit knapp hundert Mitarbeitern hat Fälle wie den Porzellanfigurenhersteller Goebel, Grundig oder Photo Porst verwaltet.

SZ: Schlechte Zeiten sind gute Zeiten für Insolvenzverwalter - oder?

Siegfried Beck: Es gibt statistisch gesehen in Deutschland jährlich zwischen 30.000 und 35.000 Insolvenzen. Die meisten davon sind konjunkturunabhängig. Führungsschwächen, Fehleinschätzungen und strukturelle Probleme gehören einfach zum Unternehmerdasein.

Grossbild

Die Graphik zeigt den Anstieg der Insolvenzen. (Graphik: SZ, Kapitany)

SZ: Nicht wenige Firmen nennen als Grund für ihre Schieflage die Finanzkrise - nur ein vorgeschobenes Argument?

Beck: Nein, inzwischen nicht mehr. Die Finanzkrise hat die Realwirtschaft erreicht. Allerdings scheiden in schlechten Zeiten schlecht aufgestellte Firmen schneller aus. Es gibt momentan noch keine Pleitewelle. Aber in den nächsten Monaten wird die Zahl der Insolvenzen vermutlich deutlich steigen. Nach dem jüngsten Insolvenzbarometer sprang allein im Januar die Zahl der eröffneten Verfahren über Kapital- und Personengesellschaften um fast 17 Prozent auf 825.

SZ: Stellen die Firmen selbst den Insolvenzantrag oder doch eher die Gläubiger, allen voran die klammen Banken?

Beck: Die Banken versuchen eher das Management davon zu überzeugen, selbst Insolvenz anzumelden. Mehr als die Hälfte der Insolvenzanträge kommt von den Sozialversicherern, weil Beiträge nicht abgeführt wurden, oder von den Finanzämtern wegen Steuerschulden. Das gilt vornehmlich für kleine Unternehmen mit weniger als 20 Arbeitnehmern.

SZ: Und die anderen Firmen?

Beck: Die mittleren und größeren Firmen gehen auf Anraten ihrer Berater selbst zum Amtsgericht. Die strafrechtlichen Folgen einer Insolvenzverschleppung und der zivilrechtliche Haftungsdruck sind ja auch erheblich. Ein Geschäftsführer, der länger als drei Wochen nach Eintreten des Insolvenzgrundes weiterwirtschaftet, macht sich schadensersatzpflichtig.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum es zu einer Insolvenz kommt.

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