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15.06.2009
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Ausland
Unruhen nach Präsidentenwahl im Iran

Iran: Gewaltsame Proteste nach Ahmadinedschads Sieg

Amtsinhaber bleibt iranischer Präsident

Unruhen nach Ahmadinedschads Sieg

Bei den schwersten Unruhen im Iran seit der Islamischen Revolution vor 30 Jahren sind mehrere Menschen verletzt worden. Anhänger des bei der Präsidenschaftswahlen unterlegenen Kandidaten Hussein Mussawi lieferten sich in der iranischen Hauptstadt Teheran stundenlange Straßenschlachten mit der Polizei.

Brennender Bus in Teheran (Foto: AFP) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Nach der Verkündung des Wahlergebnisses kam es in Teheran zu schweren Unruhen. ]
Die Unruhen begannen unmittelbar nach einer Siegesrede von Alt- und Neu-Präsident Mahmud Ahmadinedschad im Fernsehen, der kurz zuvor zum Sieger der Präsidentschaftswahl erklärt worden war. In Teheran gingen zahlreiche Fahrzeuge, Reifen und Mülltonnen in Flammen auf, über einigen Stadtteilen hingen dichte Rauchwolken. Beobachter sprachen von einer "explosiven Situation" in der Stadt.

Handynetz in Teheran abgeschaltet

Am Abend der Proteste war phasenweise das Handynetz des größten Mobilfunkanbieters nicht mehr erreichbar. Das zielte offenbar darauf ab, die Kommunikation der Mussawi-Anhänger zu unterbrechen, die sich bevorzugt per SMS absprechen. In einer kurzen Erklärung hatte Mussawi seine Anhänger zur Ruhe aufgerufen. Sie sollten sich von "Unruhestiftern" nicht in eine Falle locken lassen.

Zahl der Demonstranten unklar

Laut Augenzeugenberichten gingen dennoch einige Tausend Anhänger Mussawis in verschiedenen Stadtteilen der iranischen Hauptstadt auf die Straße. Andere Quellen sprachen von mehreren Hundert Demonstranten. Die Polizei setzte Schlagstöcke und Tränengas gegen ein. Die Demonstranten bezeichneten Amtsinhaber Ahmadinedschad als Diktator. Dutzende Teilnehmer einer Sitzblockade auf dem zentralen Wanak-Platz wurden festgenommen. Unterstützung erhielt die Polizei am Abend von der islamischen Basidsch-Miliz. Deren Angehörige waren in Zivil gekleidet auf Motorrädern im Einsatz.

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Pressearbeit behindert

Die Behörden drohten ausländischen Journalisten die Beschlagnahme ihrer Kameras und Fotoapparate an, sollten die Reporter damit auf den Straßen der Stadt angetroffen werden. Zudem hieß es, dass der Aufenthalt ausländischer Journalisten, die nur zur Berichterstattung über die Wahlen nach Teheran gekommen waren, nicht verlängert werden sollte.

Mehr als 100 Politiker verhaftet

Nach Angaben der Opposition wurden mehr als 100 reformorientierte Politiker festgenommen. Darunter soll auch Mohammad Resa Chatami, der Bruder des früheren Präsidenten, sein. Dies erklärte der führende Oppositionelle Mohammad Ali Abtahi. Die Betroffenen seien in der Nacht aus ihren Wohnungen abgeführt worden. Es sei mit weiteren Verhaftungen zu rechnen, sagte er weiter.

Rekordergebnis für Ahmadinedschad

Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad hatte sich bei der Präsidentenwahl nach Regierungsangaben bereits im ersten Wahlgang durchgesetzt und wird das Land damit für weitere vier Jahre regieren. Er erhielt laut Innenministerium 62,6 Prozent der Stimmen. Sein stärkster Herausforderer Hussein Mussawi kam demnach auf 33,7 Prozent. Die beiden weiteren Bewerber erreichten zusammen nur rund drei Prozent.

"Zahlreiche Unregelmäßigkeiten"

Der offiziell Zweitplatzierte der Präsidentenwahl im Iran, Mir-Hossein Mussawi.  (Foto: dpa) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Hussein Mussawi will Ahmadinedschads Wahlsieg nicht anerkennen. ]
Sein Herausforderer Mussawi hatte den Regierenden daraufhin Wahlbetrug vorgeworfen. Auf seiner Internetseite sprach er von "Lug und Trug" und warnte vor einer "Tyrannei". Er werde sich der "gefährlichen Inszenierung" nicht beugen, sagte er. Der gemäßigte Konservative, der von Teilen des Reformlagers unterstützt wurde, protestierte "scharf gegen zahlreiche und sichtbare Unregelmäßigkeiten" bei dem Urnengang. Viele Wähler hätten ihre Stimme nicht abgeben können. Es habe vielerorts zu wenige Stimmzettel gegeben.

Keine Entspannung im Atomstreit

Viele westliche Politiker hatten im Vorfeld der Wahl die Hoffnung auf eine Ablösung Ahmadinedschads geäußert, da mit seiner Person die Lösung bestehender Konflikte wohl nicht möglich sei. Ahmadinedschad hatte seit seinem Amtsantritt 2005 mit der Forcierung des Atomprogramms, der Leugnung des Holocausts und Aussagen zum Existenzrecht Israels den Iran weitgehend in die Isolation geführt. Mussawi waren vor diesem Hintergrund Chancen auf einen Sieg eingeräumt worden.

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Zudem schien die Wirtschaftslage gegen den Amtsinhaber zu sprechen. Der Iran leidet unter dem Verfall des Ölpreises und stark gestiegenen Preisen. Gleichwohl genoss Ahmadinedschad gerade bei der verarmten Landbevölkerung immer noch starken Rückhalt. Beobachter hatten zumindest ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Mussawi und Ahmadinedschad erwartet und zeigten sich vom großen Vorsprung des Amtsinhabers überrascht.

Stand: 14.06.2009 02:22 Uhr
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