Stumpf ist Trumpf! "Oh my God, it's Techno Music" - Über die neue Platte "Hot Wire Heart" von Ego Express Aram Lintzel |
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"Oh my God, it's Techno Music", hört man mitten im neuen Ego Express-Album eine echauffierte Stimme rufen. Ähnlich wie dieser aufgebrachte Anonymus fragt man sich schon nach den ersten Takten: Wann eigentlich ist Techno das letzte Mal so verwegen aus der Deckung gekommen? Hier wird Hals über Kopf gebrettert; elitäre Verfeinerungsarbeit hinter geschlossenen Vorhängen, Minimalimus für Expertenrunden, privatistisches Gebastel - all das ist nicht die Sache von Mense Reents und Jimi Siebels, die jetzt das erste Ego Express-Album seit über fünf Jahren vorlegen. Sie wollen das große Ganze, die Masse, den Rave - und das in Zeiten, in denen sich Techno längst in ungezählte Subgenres verfeinert hat und einst Partywillige das Kuscheln am heimischen MP3-Player der kollektiven Abfahrt auf Techno-Großveranstaltungen vorziehen. "Massenkultur finden wir geil", sagen dagegen Ego Express in Interviews ohne falsche Bescheidenheit. Anstatt sich dem allgemeinen Cocooning zu fügen, kitzeln Ego Express noch einmal die letzten Euphoriereste aus Techno heraus. Mit dreister Respektlosigkeit und mit ungestümer Wollust zerschlagen die zwei Hamburger dabei den Fußnotenapparat der intellektuellen Techno-In Crowds. Trockener Minimalismus? Fehlanzeige! Während die einleitende Techno-Ballade "Aranda" noch Raum für melancholische Abschweifung lässt, bleibt in der Folge kaum mehr Zeit zum Atemholen: Ein, zwei Takte, da rotiert die Bassdrum schon am Anschlag, ein irisierendes Wummern stellt sich ein. Pausenlos rockt es rotzig, ohne dass dabei aber die stereotype Radikalität des aktuellen Elektro-Punk bedient würde. Der "Stumpf ist Trumpf"-Populismus von Ego Express gibt sich nämlich stets augenzwinkernd, ironisch werden handelsübliche Rave-Signale ausgesendet, auch vor kalauernden Track-Titeln wie "Knartz IV" macht man nicht Halt. Und wenn Mense Reents, den man von auch von den Hamburger Schule-Bands Stella und Die Goldenen Zitronen kennt, dazu verstrahlte Textzeilen wie "Ich trage links einen Schuh/Ich trage rechts einen Schuh/Und noch einen Schuh/ Ich stolper immerzu" singt, denkt man sich: Wohl wahr! Dieses erschütternd maßlose Klanggewitter bringt mir doch glatt Nerven und Sinne aus dem Gleichgewicht. Ego Express: Hot Wire Heart (Ladomat/Mute) Weitere Beiträge von Aram Lintzel: Die CD als Galerie, Was soll das denn bedeuten?, Der doppelte Dorau: Sprachwitz ohne Lachzwang, DIAL "no competitive offers", Raster-Noton |
August 2005
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