Im Haus Ungargasse 9 wurde Camillo Sitte (1843-1903) als Sohn des Architekten Franz S. (1818-1879), der übrigens das Defizientenhaus, Ungargasse 38 erbaute, geboren.
Camillo besuchte das Piaristengymnasium, studierte am Polytechnikum bei Heinrich Ferstel, an der Akademie der bildenden Künste bei Rudolf Eitelberger und hörte kunstgeschichtliche, archäologische, medizinische und anatomische Vorlesungen an der Wiener Universität.
Camillo Sitte war ein begabter Cellist und als glühender Richard-Wagner-Verehrer führend am gleichnamigen Kreis beteiligt.
Nach Beendigung seiner Studien arbeitete er gemeinsam mit seinem Vater am Ausbau des Ordensgebäudes der Mechitaristen und baute selbständig 1871 bis 1873 die Mechitaristenkirche in der Neustiftgasse.
Bauaufträge führten den jungen Architekten nach Ungarn, Böhmen und Mähren. 1875 bis 1883 leitete Sitte die von ihm begründete Staatsgewerbeschule in Salzburg und gründete nach seiner Rückkehr nach Wien eine solche Anstalt an der Anschrift Schellinggase 13, deren Direktor er wurde.
1889 veröffentlichte er sein richtungweisendes Buch "Der Städtebau nach seinen künstlerischen Grundsätzen", in dem er in der Zeit des stärksten Verfalls der Städtebaukunst die sozialen Gesetzmäßigkeiten und Forderungen, die an den Städtebauer gestellt werden müssen, bereits richtig formulierte.
In Wien konnte sich Camillo Sitte mit seinen modernen Ansichten gegen Otto Wagner nicht durchsetzen, er schuf aber Bebauungspläne für böhmische und mährische Städte wie Olmütz, Reichenberg und Teschen.