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Von Peter Burghardt

Viele Jahrzehnte nach dem Triumph Che Guevaras verstaatlichen südamerikanische Regierungen wieder Betriebe - als ob der Sozialismus nicht mit der Berliner Mauer eingestürzt wäre.

Idol Che Guevara: Selten so lebendig wie heute. (Foto: Reuters)

Mehr als vier Jahrzehnte ist es her, da die Ikone der Linken und seine Weltrevolution in den bolivianischen Hinterhalt gerieten. Mit Hilfe des CIA trieb eine einheimische Militäreinheit Ernesto alias Che Guevara in die Enge und ließ ihn am 9. Oktober 1967 vom angetrunkenen Feldwebel Mario Terán in der Dorfschule von La Higuera erschießen.

Dem damals schon bekannten, aber noch keineswegs weltweit verehrten Guerillero folgte bloß eine Handvoll Mitstreiter durch den Dschungel - die Einheimischen am Fuße der Anden wollten seinerzeit nichts wissen von Bodenreform und neuem Menschen. Verdreckt, ausgehungert, asthmakrank und verlassen endete der Versuch des argentinischen Kubaners, den in Kuba erfolgreichen Aufstand durch Lateinamerika zu schleppen. Doch sein Tod machte ihn bald unsterblich, und selten war er so lebendig wie heute.

Sein Bild mit dem rotem Stern auf der Mütze wurde zum Logo von Weltverbesserern und Globalisierungszweiflern. Vor allem aber erwuchs ihm in seiner erweiterten Heimat unterdessen ein erstaunlicher Aufstand an den Urnen. Umstürzler wie er mit Kalaschnikows sind selten geworden, auch Venezuelas Hugo Chávez putschte im Namen des Befreiers Simón Bolívar 1992 vergeblich. 1998 indes wählte eine Mehrheit Chávez zum Präsidenten, nachdem er von der Uniform ins rote Hemd gewechselt war.

"Sozialismus des 21. Jahrhunderts"

Dann gewann der frühere Streikführer Luiz Inácio Lula da Silva in Brasilien, der indigene Kokagewerkschafter Evo Morales in Bolivien, Querdenker Rafael Correa in Ecuador, die Linksperonisten Kirchner in Argentinien, Befreiungstheologe Fernando Lugo in Paraguay. 50 Jahre nach dem Triumph von Fidel Castro und Che Guevara in Havanna verstaatlichen südamerikanische Regierungen wieder, manche schwärmen vom "Sozialismus des 21. Jahrhunderts". War nicht der Sozialismus des 20. Jahrhunderts mit der Mauer eingestürzt?

Ausgerechnet der Vorgarten der USA begeistert sich ein halbes Jahrhundert nach der kubanischen Revolution für sozialistische Ideen. Warum das so ist, das erklärt ein Besuch in einer lateinamerikanischen Großstadt oder vergessenen Provinz. Teile der Oberschicht von Caracas zum Beispiel glauben immer noch, dass der einstige Fallschirmjäger Chávez vom Himmel gefallen ist, weil sie ihre Metropole jenseits von Cocktails, Gym und Alarmanlage kaum kennen - viele Ecken sind ihnen zu gefährlich.

Die Slums von Petare gehören zu den größten des Kontinents, dabei sitzt Venezuela als fünftgrößter Ölexporteur des Planeten auf einem Schatz. In den unverputzten Hütten und bei Kleinbauern fand Chávez seine Anhänger. Ähnlich trist sieht es am Rande des einstmals so wohlhabenden Buenos Aires aus oder in den Hügeln hinter den Traumständen von Rio de Janeiro.

Lesen Sie im zweiten Teil, auf welchem politischen Nährboden der "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" in Bolivien und Venezuela entstand.

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Leserkommentare (6)



10.12.2008 17:51:43

giuseppemaruozzo: Leistungsträger

mit Leistungsträger meint 0909 wohl die Athleten in Unterhosen, die ein rundes Leder von einem Tor ins andere stoßen und dafür wieviele Milionen kassieren? Oder vielleicht doch Zumwinkel, Ackermann und Co. Vielleicht auch den Kemmer von der BayernLB, der von seiner Belegschaft an der Spitze gehalten wird. Ja wir kennen diese Säulen mitlerweile von solchen Leistungsträgern, ja in der Tat sie tragen sich, noch.


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