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Fragt doch endlich die Schüler . . .

Welche Rolle soll Schule in unserer Gesellschaft wirklich spielen? Wie soll sie aussehen, wie organisiert sein? Ganz einfach: Fragt die Schüler!

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Liebe Schul-Interessierte -

Ein guter Freund erzählte mir in den Weihnachtsfeiertagen, dass seine Tochter seit September in die Volksschule geht. Seine Frau kämpfe wie eine Löwin in der Schule, damit die vielen Dinge, unter denen ihre Tochter leidet, schnell verbessert werden. Er selbst sehe das alles viel Realistischer: „Schule ist wie ein langer Regen. Da muss man einfach durch.“

Das war für mich Anlass darüber nachzudenken, dass wir zwar über viele Themen wie Ferienregelungen, Lehrer, Noten, Gesamtschule usw. teilweise heftig diskutieren, der Grundsatzfrage, welche Rolle Schule in unserer Gesellschaft haben soll, stellen wir uns aber nicht. Weil jeder sehr unterschiedliche Erwartungen an unsere Schulen hat, fehlt der Grundkonsens. Ich möchte das neue Jahr daher nutzen einige Fragen zu stellen:

Was soll Schule überhaupt leisten?

Wenn wir es als Hauptaufgabe der Schule sehen, unsere Kinder daran zu hindern, zwischen 8 und 14 Uhr ihre Zeit auf der Straße oder vor dem Fernseher zu verbringen, dann gebe es sicher angenehmere Aufbewahrungsorte als die zum Teil doch sehr hässlichen Schulgebäude.

Wenn wir an oberste Stelle unseres Bildungssystems das Ziel setzen, unsere Kinder mit möglichst viel Information und Fachwissen vollzustopfen, dann schicken wir alle Lehrer nach Hause und kaufen allen Kindern einen Laptop und ein Online-Lernprogramm – das wäre vielleicht kostengünstiger.

Wenn wir unter Bildungspolitik verstehen, dass unser Land möglichst gut bei der PISA-Olympiade abschneidet, dann privatisieren wir unser Schulsystem und beauftragen die Nachhilfelehrer und Lerninstitute damit, unsere Kinder professionell auf das von PISA verlangte Multiple-Choice-Wissen zu trainieren, wäre das nicht effizienter?

Oder sollte Schule unsere Kinder zu glücklicheren Menschen machen und sie auf das Leben vorbereiten? Müssten wir dann nicht vieles ganz anders machen?

Soll „Herzensbildung“ am Stundenplan stehen?

Immer weniger Kinder bekommen von ihren Familien jene Werte vermittelt, die für eine positive Lebensorientierung notwendig sind. Schule ist die einzige und letzte Chance für diese Kinder, Sozialkompetenz und einige Grundwerte unserer Gesellschaft zu lernen. Ist Schule damit nicht überfordert? Und wer genau sollte diese Aufgabe dann übernehmen?

Es sind zwei Elemente, die täglich immer wieder beweisen, wie Schule sein könnte: Ein guter Lehrer und eine tolle Klassengemeinschaft. Dann werden Kräfte frei, die auch in einem morschen System mit sinnlosen Vorschriften und oft ahnungslosen Vorgesetzten, wirksam werden. Diese Verschwörung zum Guten überwindet dann jeden Widerstand und zeigt, dass Schulbildung und Herzensbildung eben nicht zwei paar Schuhe sein müssen.

Hören wir endlich mehr auf die Schüler

Es gibt einen blinden Fleck in unserem Denken.
Wir geben dem einzigen Menschen, der uns sagen könnte, was im System Schule funktioniert und was nicht, keine Stimme und keine Macht, mit der er uns zwingen könnte, seine Sicht zu berücksichtigen, um die Dinge sinnvoll zu verändern. Dieser Mensch ist der Schüler bzw. die Schülerin.

Der Schüler ist die einzige Person, die täglich den Unterricht erlebt, die ihren eigenen Stress, den ihrer Mitschüler und den ihrer Lehrer beurteilen kann. Der Schüler hat keine Macht, seine Wünsche werden nicht berücksichtigt in einem System, das mit hohem Aufwand angeblich zu seinem Nutzen geschaffen wurde, in Wirklichkeit aber den Interessen aller anderen dient.

Meine große Hoffnung ist, dass die tief greifende und nachhaltige Veränderung unserer Schulen von den Schülern selbst ausgehen wird. Fragen wir sie, wie die Schule aussehen müsste, in die sie jeden Tag mit Begeisterung gehen. Ende Jänner fand das erste Mal ein Treffen aller Schulsprecher Österreichs statt. Ich freue mich sehr, dass sie mich eingeladen haben.

Kurier-Schüleranwalt im ORF

Seit 12. Jänner präsentiere ich regelmäßig am Montag in der ORF Sendung Konkret Fälle und Themen. Das ist natürlich eine riesige Chance um auf positive Beispiele hinzuweisen oder Eltern bei ganz konkreten Problemen wie der Wahl der richtigen Volksschule zu beraten. Ich werde mich aber auch nicht scheuen diese wichtige Plattform zu nutzen um Missstände aufzudecken und den Druck auf die Verantwortlichen zu erhöhen. Vor allem für Schüler, aber natürlich auch für Eltern und Lehrer macht es in Zukunft daher noch mehr Sinn mir ihre Anliegen und Probleme zu schicken.


1 Kommentar zu "Fragt doch endlich die Schüler . . ."
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  1. miranda n.

    Der Schuulverwaltungsapparat in Österreich ist riesig und fällt auch unter Bildungskosten. Da könnte man einsparen!

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Artikel vom 30.01.2009, 15:02 | KURIER | Andreas Salcher

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Foto vom Autor Andreas Salcher Der KURIER-Schüleranwalt Andreas Salcher setzt sich für Lösungen bei Problemen in der Schule ein.

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